Funk Global Risk Consensus 2023

Die Risikolandschaft für Unternehmen hat sich in den letzten zwölf Monaten stark verändert. Trotz regem Infektionsgeschehen ist die Pandemie bzw. das Krankheitsrisiko wieder in den Hintergrund gerückt. Dafür führt nun die Inflation mit dem Dauerbrenner Cyber-Risiken die Rangliste der Top 5 des Funk Global Risk Consensus 2023 an. Der Ukraine-Krieg und die Konjunkturprogramme der Regierungen als Reaktion auf den wirtschaftlichen Abschwung während und nach der Pandemie hinterlassen deutliche Spuren in der Risikoeinschätzung von Unternehmen. Zurück in den Top 5 ist auch der Fachkräftemangel.

Cyber-Risiken halten sich auch im 6. Funk Global Risk Consensus hartnäckig an erster Stelle. Gleich hoch eingeschätzt wird jedoch das Risiko Inflation, das neu unter den Top 5 Risiken auftritt. Durch die Verknappung wichtiger Ressourcen und Grundprodukte sowie die expansive Geldpolitik der Zentralbanken vor und während der Pandemie, gerieten Angebot und Nachfrage ins Ungleichgewicht. Das löste ein starkes Preiswachstum aus, welches wiederrum eine weitere Reaktion seitens der Zentralbanken erforderte. Deren Zinserhöhungen führten innerhalb kürzester Zeit zu makroökonomischen Verwerfungen, die 2023 den vierten Platz im Funk Global Risk Consensus belegen. Auf Rang drei schafft es gar der Fachkräftemangel zurück in die Top 5. Extreme Wetterereignisse haben nach einem Jahr Pause den fünften Rang der Unternehmensrisiken eingenommen.  

Das Ranking der 5 globalen Top Risiken für Unternehmen

Cyber-Risiken stellen weiterhin das grösste Risiko für Unternehmen dar. Die wachsende Bedrohungslage durch Cyber-Kriminalität führt zu Cyber-Unsicherheit für Unternehmen und die Gesellschaft zugleich. Unternehmen werden immer häufiger Opfer von Supply-Chain- bzw. Third-Party-Angriffen. Dabei werden nicht die Unternehmen selbst, sondern Lieferanten für Anwendungen und IT-Services attackiert und Malware via Softwareupdates in die Unternehmensnetzwerke geschleust oder Daten von Kunden des Lieferanten gestohlen und veröffentlicht bzw. weiterverkauft. Aus einer vertrauenswürdigen Geschäftsbeziehung entsteht damit ein Einfallstor für Angreifer. Ziel von Angriffen wird sukzessive auch unsere moderne Gesellschaft, indem sie vermehrt Desinformationen und Identitätsdiebstählen ausgesetzt ist.

Die anhaltend hohen Konsumausgaben vor der Pandemie wurden mittels stimulierender Maßnahmen während der Krise enorm verstärkt. Der Nachfrageüberschuss traf auf ein beschränktes bzw. aufgrund der globalen Lieferkettenprobleme reduziertes Angebot. Verstärkend dazu wirkten der Fachkräftemangel (steigende Lohnkosten) sowie die steigenden Energiepreise auf die Herstellungskosten von Unternehmen ein und führten zu einer zusätzlichen Kosteninflation. Während sich die Zentralbanken von ihrer jahrelangen Niedrigzinspolitik verabschiedeten, haben zahlreiche Unternehmen immer noch mit den Folgen der Coronavirus-Pandemie zu kämpfen. So stiegen 2022 in zahlreichen Ländern die Unternehmensinsolvenzen um 10 bis 20%. Unter ökonomischen Gesichtspunkten dürften die steigenden Leitzinsen die Investitionstätigkeit der Unternehmen und das Konsumverhalten hemmen und damit das globale Wirtschaftswachstum dämpfen.

Fachkräfte zu finden und zu behalten ist auch in 2023 eine besondere Herausforderung für Unternehmen. Das Fehlen von Fachkräften kann zu Produktivitätseinbussen führen und die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens hemmen. Der Weiterbildung bestehender Mitarbeitenden sollte damit eine genauso wichtige Bedeutung zugemessen werden wie der Nutzung künstlicher Intelligenzen. Im Nachgang zur Coronavirus-Pandemie hat sich der Fachkräftemangel verschärft. Viele Stellen, die während der Pandemie durch Kündigungen oder Pensionierungen abgebaut wurden, konnten danach nicht oder nur schwer wiederbesetzt werden. Die Verknappung von Fachkräften führte zu steigenden Lohnkosten und setzte die Margen unter Druck. Die Unternehmen werden auch in 2023 die Nachfrage nach Telearbeit und kollaborativen sowie hybriden Arbeitsumgebungen des Arbeitsmarktes befriedigen müssen, um an qualifizierte Mitarbeitende heranzukommen.

Die Unternehmen befürchten in 2023 sinkende Wachstumsraten aufgrund diverser makroökonomischer Faktoren. Inflation, Lohnkosten, Energiepreise sowie die steigenden Leitzinsen zur Bekämpfung der Inflation umfassen die größten Sorgen für dieses Jahr. Die Gefahr einer Rezession ist allgegenwärtig. USA, China und Europa befinden sich zur gleichen Zeit in einer wirtschaftlich misslichen Situation. Die Prognosen für die Wachstumsraten dieser größten Ökonomien stimmen aktuell nicht zuversichtlich. Zur Bekämpfung der stark steigenden Lebenserhaltungskosten wurde von den Zentralbanken eine Zinswende eingeleitet. Nach über zehn Jahren, die von einem nie dagewesenen Niedrigzinsniveau geprägt waren, wurden die Zinsen stark angehoben, um die Nachfrage zu drücken und die Inflation zu bremsen. Für europäische Unternehmen ist dies ein großes Risiko, da Firmenkredite, Flotten- und Maschinenleasings und Mietkosten sich in kürzester Zeit stark verteuern. Damit wird eine allgemeine Kostenprognose erschwert und die Investitionstätigkeiten der Unternehmen heruntergefahren.

Extreme Wetterereignisse rücken im Jahr 2023 wieder verstärkt in den Fokus von Unternehmen. Letztes Jahr gab es einige markante und schadensträchtige Wetterereignisse wie z.B. die atlantische Wirbelsturmsaison. Sie verzeichnete mit über 110 Milliarden Dollar die drittgrösste Gesamtschadenssumme seit Beginn der Aufzeichnungen. Europa, China und Südostasien waren von extremen Hitzewellen und Dürren betroffen, Australien und Afrika von Überschwemmungen. Die Zunahme von extremen Wetterereignissen ist unverkennbar mit dem Klimawandel verbunden. Ob die Verfolgung von ESG-Nachhaltigkeitszielen (Environmental, Social, Governance) bei Rezessionsängsten und Margendruck weiterhin erfolgen, ist nur schwer abzuschätzen. Daraus entsteht eine stetig zunehmende Gefahr für Unternehmenswerte (Gebäude, Maschinen, Einrichtungen, Waren). Aber auch ein Anstieg von Lieferkettenunterbrüchen ist nicht auszuschliessen, was die ohnehin angespannte Situation verschärfen dürfte.

Hier erfahren Sie mehr zu den einzelnen Studien

Folgende fünf Studien werden für den Funk Global Risk Consensus ausgewertet:

Allianz Risk Barometer – Befragung von ca. 3.000 Risikomanagement-Expert*innen aus 100 Ländern. Ziel ist es, die wichtigsten Betriebsrisiken zu bestimmen.

(World Economic Forum mit Beratungs- und Versicherungspartnern, National University of Singapore, Oxford Martin School -  University of Oxford, Wharton Risk Management and Decision Processes Center - University of Pennsylvania): The Global Risks Report - Als Grundlage dient die Global Risks Perception Survey welche die rund 800 Mitglieder des WEF ausgefüllt haben. Zusätzlich wurden noch gut 200 Mitglieder der Global Sharpers Community befragt. Das Ziel ist, aufgrund der Antworten gemeinsam nachhaltige Lösungen für die wichtigsten Risiken zu finden.

BCI Horizon Risk Scan - Das BCI hat über 9.000 Mitglieder in über 100 Ländern, welche für den Horizon Risk Scan befragt werden. Das Ziel ist, Firmen widerstandsfähiger zu machen.

Annual Global CEO Survey - über 5.000 CEOs aus 100 Ländern werden für die jeweilige Ausgabe befragt.

(Research conducted by NC State University's ERM initiative and Protiviti): Executive Perspective on Top Risks - Befragung von ca. 1.100 Board Members und Executives weltweit. Das Ziel ist es, Firmen eine vereinfachte Handhabung von Risiken zu ermöglich.

Weitere Informationen

Damit der Funk Global Risk Consensus so neutral wie möglich ist, werden die erfassten Risiken aus den fünf ausgewerteten Studien in eine Rangliste gebracht. Da in jeder Studie bereits eine Bewertung aufgrund der Anzahl Nennungen vorhanden ist, benutzt Funk ein einfaches Punktesystem, um die Risiken zu bewerten. Ist ein Risiko bei einer Studie auf Platz eins, wird es mit 10 Punkten bewertet, ist es auf Platz 10 mit einem Punkt. Danach werden die Punkte der Risiken von allen Studien zusammengezählt. Dadurch entsteht eine neutrale Rangliste im Funk Global Risk Consensus, da so nur Risiken, die in mehreren Studien auf den vorderen Plätzen genannt werden es auch im Funk Global Risk Consensus in die vorderen Plätze schaffen. Sollten zwei oder mehrere Risiken den selben Score erhalten, zählt das Risiko als "größer", welches in mehr Studien genannt wurde.

Jedes Jahr führen namhafte Unternehmen und Institute Umfragen und Analysen durch, um die Stimmungen im wirtschaftlichen Umfeld zu untersuchen. Ein spezieller Fokus wird dabei auf diejenigen Risiken gelegt, mit denen Unternehmen jeweils aktuell konfrontiert sind. Zudem werden Risiken identifiziert, die im folgenden Geschäftsjahr als besonders besorgniserregend eingestuft werden. Aus den Antworten werden dann meist die Top-10 Risiken ermittelt und anschließend medial verbreitet. Die Resultate einzelner Studien sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da sie tendenziell durch voreingenommene Fragestellungen und Auswertungen beeinflusst werden können. Ein "Studien-Bias" kann auch bei großen Namen nicht ausgeschlossen werden.

Um den Marktteilnehmenden einen neutralen Überblick zu verschaffen, ist es sinnvoll, den "Studien-Bias" bestmöglich zu eliminieren. Hier setzt der Funk Global Risk Consensus an. Für den Funk Global Risk Consensus werden fünf jährlich wiederkehrende Studien und Risikoreports konsolidiert und ausgewertet. Dies stellt sicher, dass eine verlässliche und vergleichbare Datenbasis vorliegt. Die Studienauswahl umfasst Arbeiten von Rück- und Direktversicherern, Beratungsgesellschaften, wissenschaftlichen Instituten und dem World Economic Forum (WEF). Die getroffene Auswahl garantiert Vielfältigkeit und ermöglicht eine ausgewogene Auswertung.

Die Basis zum Funk Global Risk Consensus bilden die Studien mit dem Erhebungszeitraum Q4 des Vorjahres.

Die Pandemie sowie der Krieg in der Ukraine hat die Gesellschaft und somit auch die Unternehmen völlig überraschend getroffen. Eine der möglichen Ursachen für den Überraschungseffekt ist die Risikobewertung im Zuge des Risikomanagements, die unter anderem oft anhand von Eintrittswahrscheinlichkeiten erfolgt.

Die Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit ist eine der größten Herausforderungen im Risikomanagement-Prozess. Eintrittswahrscheinlichkeiten sind oft nur scheingenau und führen meist zur Unterschätzung von Risiken. So ist es ein großer Unterschied, ob eine Eintrittswahrscheinlichkeit als klein beurteilt wird oder ob im Risikobericht die Eintrittswahrscheinlichkeit nicht beurteilt werden kann.

Es bedarf also eines Umdenkens und der Einsicht, dass wir zukünftige extreme Ereignisse nicht vorhersagen können und uns deshalb im Rahmen der unternehmerischen Möglichkeiten auf diese vorbereiten müssen. Ergänzend dazu sollten Risikoaspekte bei unternehmerischen Entscheidungen verstärkt berücksichtigt werden. So könnte zum Beispiel eine Lieferantenentscheidung aus Risikoüberlegungen zu Gunsten eines inländischen Anbieters ausfallen, statt auf einen kostengünstigeren Anbieter in einem fernen Land zu setzen.

Unterbruch des Internets

  • Durch Infrastrukturschäden (z.B. gleichzeitiger Ausfall mehrerer Unterwasserkabel und folglich limitierter Kapazität, welche wohl dann von den Staaten kontrolliert wird und nicht mehr frei verfügbar wäre
  • Massive Cyberangriffe, die mehrere ISPs funktionsuntüchtig machen
  • Software Bugs, die mehrere ISPs funktionsuntüchtig machen

Ausfall der Kommunikationsinfrastruktur

  • Software Bugs
  • Cyberangriffe
  • Infrastrukturschäden
  • Ausfall vieler Satelliten (z.B. Sonnensturm, Meteorschauer)

Stromausfall in den grössten globalen Wirtschaftszentren

  • Cyberangriffe
  • Infrastrukturschäden (z.B. Sonnensturm, welcher weltweit viele Transistoren zerstört)

Ausbruch eines Supervulkans
 

Auswanderungs-/Flüchtlingswellen

  • Krieg
  • Nahrungsmittelkrise

Globaler Schädlingsbefall

  • Rasche Ausbreitung eines Schädlings/Pilzes/Bakteriums, welches große Bestände von Kulturpflanzen befällt und zu massiven Ernteausfällen führt

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